Geschlossene Fonds – Anatomie eines Totalausfalls

In den Jahren vor der Finanz- und Wirtschaftskrise wurden (nicht nur) in Österreich flächendeckend Beteiligungen an geschlossenen Fonds an Privatanleger vertrieben. Neben sogenannten „Hollandfonds“ (investiert in niederländische Büroimmobilien) wurden u.a. sogenannte „Schiffsbeteiligungen“ (investiert in Frachtschiffe) unter das Volk gebracht. Den Anlegern wurde regelmäßig der Eindruck vermittelt, dass es sich dabei um eine Veranlagung in Sachwerte handeln würde. Die damit erweckten Sicherheitsvorstellungen bei den Anlegern – Immobilien werden nie wertlos, Schiffe fahren immer … – passten augenscheinlich mit dem im Vertrieb angesprochenen Vorsorgezweck zusammen. So erklärt sich auch die durchschnittliche Altersstruktur der Anleger.

In Wahrheit erhielten die Anleger für ihr Erspartes eine Beteiligung an einer deutschen Kommanditgesellschaft als Kommanditist.

Ein Kommanditist haftet beschränkt mit seiner Kommanditeinlage und hat Anspruch auf einen Teil des von seiner Kommanditgesellschaft erwirtschafteten Gewinns.

Soweit so gut. Auch wenn den Anlegern sehr oft die Konstruktion Ihrer Veranlagung nicht bewusst war, ginge die Ihnen versprochene Rechnung auf, wenn die in Aussicht gestellte Rendite in Form einer Gewinnbeteiligung an sie ausgeschüttet worden wäre.

Nun liegt es in der Natur der Sache, dass neue Unternehmen eine gewisse Anlaufzeit benötigen, um in die schwarzen Zahlen zu gelangen. Sind die ursprünglichen Planrechnungen zu optimistisch, kann der Turnaround auch ganz ausbleiben. Einem Bankkunden, der Produkte mit halbwegs regelmäßigem Ertrag gewohnt ist (Sparbuch, Anleihen, Investmentfondsanteile), läßt sich eine solche Wartezeit auf den Turnaround aber nur schwer „verkaufen“. Um diesem Problem zu begegnen, wurde also vorgesehen, unabhängig von einem ausschüttungsfähigem Gewinn eine regelmäßige (jährliche) Zahlung an die Anleger zu tätigen. Der unbefangene Anleger hatte somit den Eindruck, aus seiner Veranlagung eine Rendite zu erhalten.

Tatsächlich wurden diese Zahlungen – von den Fonds als „Liquiditätsausschüttungen“ bezeichnet – nicht aus dem Gewinn der Gesellschaft, sondern aus überschüssigen liquiden Mitteln der Gesellschaft bedient.

Und hier liegt das Problem: Erhält der Anleger von der Gesellschaft nicht gewinngedeckte Zahlungen, ist das gesellschaftsrechtlich so zu werten, als würde die Gesellschaft ihm seine geleistete Kommanditeinlage zurückzahlen.

Wir erinnern uns: Der Kommanditist haftet nur mit seiner Einlage, aber mit dieser jedenfalls. Wir die Einlage des Anlegers nun geschmälert, trifft den Anleger eine „Auffüllverpflichtung“. In diesem Umfang haftet der Anleger auch gegenüber Gläubigern der Gesellschaft. Das heißt, dass nicht nur die Gesellschaft das an die Anleger ausgeschüttete Geld grundsätzlich wieder zurückfordern kann, sondern auch zB die finanzierende Bank den Anleger in die Haftung nehmen kann.

Letzteres, nämlich eine Inanspruchnahme der Anleger durch Gläubigerbanken, erfolgt derzeit bei diversen Fondsgesellschaften, die sich gegenüber den optimistischen Planzahlen teilweise desaströs entwickelt haben. Die Sachwerte der Gesellschaften (Immobilien, Schiffe …) wurden teilweise weit unter dem Anschaffungswert verkauft. Der Kaufpreis ging an die dinglich gesicherten finanzierenden Banken. Die verbleibende Kreditschuld wird nun bei den Anlegern eingetrieben. Das Ergebnis: Die Vertriebsbank bekam ihre Provision, die Fondsmanagementgesellschaft ihr Honorar, die finanzierende Bank Kapital, Zinsen und Spesen und die Anleger … einen Totalausfall an Kapital und eine Rückzahlungspflicht bezüglich der von Ihnen aus der Veranlagung bezogenen „Rendite“.

Damit es nicht soweit kommt stehen für den Anleger Offensiv- und Defensivmaßnahmen zur Verfügung:

  • Am naheliegendsten und weitreichendsten ist es, sich beim „Verkäufer“ des Anlageprodukts schadlos zu halten. Zahlreiche namhafte Kreditinstitute und Vermögensberater wurden bereits von Gerichten zur Schadenswiedergutmachung verpflichtet. Die damit in Verbindung stehenden rechtlichen Hürden sind allerdings erheblich. Ansprüche verjähren. Achtlosigkeit der Anleger ist nicht grenzenlos unbeachtlich (Stichwort: Ignorieren des Kleingedruckten). Rasches und bestimmtes Vorgehen ist notwendig.
  • Bis die mögliche Haftung des Verkäufers geklärt ist, aber auch dann, wenn dieser sich erfolgreich seiner Verantwortung entzogen hat (weil der Anleger zB mit der Schadenersatzklage zu lange zugewartet hat) ist es in vielen Fällen sinnvoll und aussichtsreich, sich gegen die Ansprüche aus der Kommanditistenhaftung zur Wehr zu setzen. Ansatzpunkte sind hier etwa die Treuhandvereinbarungen bei jenen Anlegern, die nicht direkt, sondern nur über Vermittlung eines Treuhandkommanditisten beteiligt sind. Eine weitere vielversprechende Einwendung betrifft das Verhältnis zwischen der den Anleger klagende Bank und der finanzierten Gesellschaft. Hier bestehen häufig „Stillhalteabkommen“, die den Zweck haben, die Gesellschaft unbehelligt zu lassen, und dem drohenden Kreditausfall durch Inanspruchnahme (nur) der Anleger zu begegnen. Ein deutsches Gericht hat dazu – freilich noch nicht letztinstanzlich – entschieden, dass ein solches „Stillhalteabkommen“ auch zugunsten der Anleger wirkt und die Klage aus der Kommanditistenhaftung folglich abgewiesen.

Unsere Kanzlei ist intensiv mit der Materie vertraut und steht betroffenen Parteien mit individueller Beratung und Vertretung vertrauensvoll zur Seite.

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