Änderung der Bankverbindung des Gläubigers vor Fälligkeit – Wer trägt die Gefahr?
Mit dem im März 2013 in Kraft getretenen Zahlungsverzugsgesetz wurden u.a. die Bestimmungen zur Geldschuld umfassend geändert und in § 907a Abs 1 Satz 2 ABGB eine neue Gefahrtragungsregel für eine nachträgliche Änderung der Gläubigerbankverbindung eingeführt:
Haben sich nach der Entstehung der Forderung der Wohnsitz oder die Niederlassung des Gläubigers oder dessen Bankverbindung geändert, so trägt der Gläubiger eine dadurch bewirkte Erhöhung der Gefahr und der Kosten für die Erfüllung.
Daraus ist zunächst abzuleiten, dass der Gläubiger seine Bankverbindung bis zur Erfüllung jederzeit ändern kann, selbst wenn zB im Vertrag mit dem Schuldner ein bestimmtes Konto als Zahlungsziel festgelegt ist. Zur Frage der Gefahrenerhöhung, für die der Gläubiger einzustehen hat, lag bisher keine Rechtsprechung vor. Die Materialien begründen diese Erweiterung der früher in § 905 Abs 2 zweiter Satz ABGB angesiedelten Regelung damit, dass die Änderung der Bankverbindung mit einer zusätzlichen Erschwernis einhergehen kann, wenn etwa der Gläubiger bei Vertragsabschluss seine Bankverbindung bei einem inländischen Geldinstitut zur Erfüllung der Verbindlichkeit bekannt gegeben hat, diese dann jedoch etwa auf die Cayman Islands verlegt (ErlRV 2111 BlgNR 24. GP 14).
Der Oberste Gerichthof hat in einer aktuellen Entscheidung vom 14.6.2016 (3 Ob 104/16i) nun zur Frage einer möglichen Gefahrenerhöhung durch nachträgliche Änderung der Bankverbindung Stellung genommen: Im Anlassfall wurde dem beruflichen Parteienvertreter des Schuldner vor Erfüllung der letzten Rate aus einem Prämienvergleich die Änderung der Bankverbindung des Gläubigervertreters unter Bezugnahme auf die Geschäftszahl des Prämienvergleichs mitgeteilt. Die letzt Rate wurde aber auf das „alte“ Bankkonto des Gläubigervertreters überwiesen und gelangte nach Umwegen erst verspätet auf dem richtigen Konto ein. Der OGH bestätigte den durch Zahlungsverzug eingetretenen Terminverlust und verneinte eine durch die Bankverbindungsänderung eingetretene Gefahrenerhöhung. Aus der Entscheidungsbegründung lassen einige über den vorliegenden Fall hinaus bedeutende Kriterien entnehmen:
- Im vorliegenden Fall besteht, anders als gemäß § 6a Abs 1 KSchG und § 15 Abs 3 MRG, keine Verpflichtung des Gläubigers, eine verkehrsübliche Bankverbindung (grundsätzlich jede Bankverbindung in einem EU-Mitgliedstaat) anzugeben. Die Auffassung der Klägerin, die Bezugnahme auf eine durch die Änderung der Bankverbindung bewirkte Gefahrenerhöhung mache keinen Sinn, schränke man den Fall einer „Gefahrenerhöhung“ nur auf die Bekanntgabe einer nicht verkehrsüblichen Bankverbindung ein, ist daher nicht zutreffend.
Dem kann entnommen werden, dass (Ausnahmen: Konsumentengeschäft, Mietrecht) auch der Wechsel auf eine „exotische“ Bankverbindung grundsätzlich zulässig ist. Derartige Bankverbindungen können aber zu einer Gefahrenerhöhung (Untergang und/oder Verzögerung der Zahlung) führen.
- Hat der Gläubiger ein verkehrsübliches Bankkonto bekannt gegeben und änderte er die Bankverbindung später in ein ebenfalls verkehrsübliches Bankkonto, so ist jedenfalls hinsichtlich des Untergangs der Leistung keine Gefahrenerhöhung eingetreten. Eine Verzögerungsgefahr ist jedoch auch bei Bekanntgabe einer verkehrsüblichen neuen Bankverbindung nicht generell ausgeschlossen. Eine in diesem Sinn maßgebliche Gefahrenerhöhung könnte etwa dann vorliegen, wenn dem Schuldner die Änderung der Kontoverbindung knapp vor dem Fälligkeitstag mitgeteilt wurde und er die für die Durchführung der Überweisung zuständige Abteilung seines Unternehmens seinerseits noch informieren muss.
Für die Praxis ist daraus zu schließen, dass – insbesondere bei Unternehmen – mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf für unternehmensinterne Kommunikation zu rechnen ist und daher eine Mitteilung über die Bankverbindungsänderung jedenfalls einige Tage vor Fälligkeit erfolgen soll. Bei einer Privatperson wird demgegenüber (Zugangsprobleme ausgenommen) ein solcher Vorlauf nicht erforderlich sein.
- Tatsächlich wurde im vorliegenden Fall die Verspätung der Zahlung aber gerade nicht dadurch ausgelöst, dass sich die Erteilung eines Überweisungsauftrags an die neue Bank wegen der Knappheit der Bekanntgabe nicht mehr „ausgegangen“ wäre, sondern beruhte erkennbar darauf, dass der Klägerin die Änderung der Bankverbindung entweder von ihrem Vertreter nicht bekannt gegeben wurde, oder sie diese Änderung trotz ihrer Bekanntgabe nicht zur Kenntnis nahm. Darauf, dass der Klagevertreter die Klägerin nach Abschluss des Vergleichs nicht mehr vertreten hat und daher die Bekanntgabe der Kontoverbindung an die Klägerin selbst hätte erfolgen müssen, hat sich die Klägerin in ihrer Oppositionsklage nicht gestützt. Ebenso wenig hat sie behauptet, dass die Verzögerung wäre darauf zurückzuführen gewesen, der Klagevertreter die Bekanntgabe der Änderung der Bankverbindung erst an die zahlungspflichtige Klägerin weiterleiten musste.
Hier zeigt der OGH eine mögliche – im Anlassfall aber nicht angezogene – Verteidigungslinie auf. Bei Mitteilung der Bankverbindungsänderung an den früheren Schuldnervertreter könnte sich der säumige (weil die falsche Bankverbindung verwendende) Schuldner auf die zwischenzeitige Auflösung der Vertretung berufen, durch die er von der Änderung nicht mehr verständigt worden wäre. Dies ist freilich nur sehr eingeschränkt zielführend, wäre doch der frühere Schuldnervertreter (so es sich wie hier um einen Rechtsanwalt handelt) standesrechtlich zur Rückäußerung verpflichtet, bzw im Rahmen der Nachvertretungspflicht auch noch nach Vollmachtsauflösung zur Information an seinen früheren Mandanten.
[RA Mag. Simon P. Weikinger war als Parteienvertreter der obsiegenden Gläubigerin am Verfahren beteiligt.]
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